Stakeholderanalyse & Umfeldanalyse
Kein Projekt darf isoliert betrachtet werden! Jedes Projekt und daraus entstehende Produkte haben Ursache und Wirkung. Woraus sich folgerichtig neue Ursachen und Wechselwirkungen entwickeln.
Wer glaubt dies ignorieren zu können, wird häufig auf Probleme stoßen. Die Beschäftigung mit den Einflussfaktoren und Wechselwirkungen auf ein Projekt gehört zum Grundhandwerk. Erst wenn alle Faktoren erfasst sind, können daraus Risiken abgeleitet und entsprechende Maßnahmen geplant werden.
Ein Beispiel der Auswirkungen fehlender Projektumfeldanalyse
Ein Team von Softwareentwicklern findet einen Weg die Warenwirtschaft “X” und das Shopsystem “Y” ohne Verzögerungen miteinander kommunizieren zu lassen. Das erstellte Programm ist brillant und technisch auf dem höchsten Stand. Allerdings wird es vom Markt nicht angenommen. Die Gründe sind:
- der Anbieter des Shopsystem “Y” hat bereits angekündigt diese Version in zwei Jahren einzustellen; das Nachfolgeprodukt basiert auf einer Neuentwicklung
- die verwendete Programmiersprache ist nicht auf allen Servern verfügbar
- der Wettbewerber hat bereits die Warenwirtschaft “X” mit dem Shopsystem “Z” gekoppelt und bietet dieses als Bundle an
- der Preis ist unschlagbar günstig
- das Marketing hierfür läuft auf Hochtouren
- es gibt eine funktionierende Konvertierung von Shopsystem “Y” in Shopsystem “Z”
Das Team besitzt eine hohe Expertise im Bereich der Softwareentwicklung, allerdings nicht in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Wettbewerb, Produkte usw. Eine vorab durchgeführte, umfassende Analyse und das Befragen von teamexternen Experten zu den unbekannten “Feldern” hätte sicherlich ein Scheitern verhindern können.
Das Projektumfeld
Zum Projektumfeld gehören alle äußeren Einflüsse auf ein Projekt, diese können den Projektverlauf positiv wie auch negativ beeinflussen. Bewährt hat sich bei mir die Unterteilung in unternehmensinterne und unternehmensexterne Faktoren. Zusätzlich klassifiziere ich diese unter anderem in:
- sachlich
- ökonomisch
- technisch
- rechtlich
- politisch
- sozial
Die daraus entstehende Tabelle kann so aussehen:
intern | extern | |
---|---|---|
sachlich | Priorisierungsrichtlinien | Wettbewerb |
ökonomisch | Umsatzentwicklung | Marktentwicklung |
technisch | Hardwareausstattung | technischer Fortschritt (z.B. Softwareentwicklung) |
rechtlich | Richtlinien | Gesetze |
... | ... | ... |
Für die Erstellung der Tabelle hilft ein schnelles Brainstorming mit dem Kernteam. Auch wenn ein Umfeldfaktor etwas abwegig erscheint, sollte er notiert werden. Er kann später immer noch gelöscht werden. Anhand der aufgelisteten Faktoren, können zu beauftragende Experten die Risiken und dazu passende Empfehlungen erstellen.
Die Stakeholder
Als Stakeholder werden alle Personen oder Personengruppen bezeichnet, welche ein Interesse – positiv wie negativ – am Ergebniss eines Projektes haben. Die Zufriedenheit der bzw. Arrangierung mit den entsprechenden Stakeholdern ist ein elementarer Faktor für den Projekterfolg.
Für eine einfache Analyse reicht es die Personen zu erfassen und in
- Befürworter
- Neutrale
- Gegner
zu klassifizieren.
Genauer wird es, die erfassten Personen nach Einflusskraft und Konfliktpotential zu erfassen. Tabellarisch könnte das so aussehen:
ID | Stakeholder | Haltung zum Projekt (-,0,+) | Einflussposition (1-10) | Konfliktpotential (1-10) |
---|---|---|---|---|
1 | Geschäftsführer | + | 10 | 4 |
2 | Fachabteilung | 0 | 4 | 7 |
3 | Geschäftspartner | + | 8 | 1 |
4 | Nutzer | 0 | 1 | 1 |
... |
Diese kann nun um die Spalte Strategien erweitert werden. Zusätzlich empfehle ich immer die Erwartungen und Ängste festzuhalten.
ID | Stake- holder | Haltung zum Projekt (-,0,+) | Einfluss- position (1-10) | Konflikt- potential (1-10) | Erwartungen | Ängste | Strategien |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Geschäftsführer | + | 10 | 4 | stärkere Bindung des Geschäfts- partners | Bei Scheitern, Verlust von Geschäfts- partner | Wöchentliche Statusberichte zu Verlauf, Kosten und Kapazitäten in persönlichen Meetings; |
2 | Fachabteilung | 0 | 4 | 7 | als Experten befragt zu werden | zu große Bindung von Kapazitäten und Ressourcen | Aufgaben zuarbeiten; Austausch auch auf inoffizieller Ebene; Wöchentliche Statusberichte zu Verlauf und Kapazitäten in Meetings; |
3 | Geschäfts- partner | + | 8 | 1 | Verbesserung seiner Marktposition | Verlust seiner Marktmacht an den Wettbewerb | Wöchentliche Statusberichte per Email; Monatliche Statusberichte in persönlichen Meetings |
4 | Nutzer | + | 1 | 1 | automatischer Dateitransfer | Informations- verteilung per Newsletter |
|
... |
Und das Ganze als Matrix für den schnellen Überblick:
Genauere Stakeholderanalyse & Umfeldanalyse
Bis hierher ist das Ganze als Basis, gewissermaßen als Mindestanforderung zu verstehen und soll lediglich das mögliche Potential aufzeigen. Selbstverständlich sind die “schnellen” Analysen sowie die gezeigten Tabellen und Matrixen in ihrer Breite und Tiefe, bei umfangreichen Projekten vollkommen unzureichend.
Modelle mit genaueren Fokus wären
Modell | geeignet für |
---|---|
STEP | Entwicklungsprojekte |
Branchenstrukturanalyse | Strategieprojekte |
Life-Cycle-Analysis | Produkte |
From the Scratch | Neustart |
Einmal erstellt, abheften und vergessen?
Nein, ganz so einfach ist es nicht. Die Ergebnisse des Stakeholder- und Umfeldanalyse sind nicht statisch. Sie ändern sich im Laufe ein Projektes und müssen daher immer wieder angepasst werden. Plane dafür Zeit ein.
Und, ist es nicht besser seine Mitspieler zu kennen?
Software für die Stakeholderanalyse & Umfeldanalyse
Keine Software der Welt kann dir die Arbeit der Analyse abnehmen.
Die Dokumentation selbst, kannst du im Excel, Word, mit Tricksereien im MS Project oder auf Papier erledigen. Vom Prinzip sekundär, wichtig ist, dass sie zentral im “Projektordner” abgelegt wird.